Impulsantworten Erstellen

Impulsantworten mit Sweeps erstellen

Nach folgendem Prinzip werden Impulsantworten mit Sweeps erstellt:

1. Der Sweep

Klangspektrum eines Sinus Sweep Signal
Abbildung 6: Frequenzspektrum eines computergenerierten Sinussweeps

Ein Sweep ist ein Sinussignal, das bei 20Hz beginnt, kontinuierlich durch den gesamten Frequenzbereich bis zu 20kHz ansteigt.

Sweeps unterscheiden sich je nach System oder Anwendung: Während der Sweep von Apples Impulse Response Utilities geradlinig verläuft, ist der Sweep von Altiverb auf die Lautsprecher- und Sprachwiedergabe optimiert und ist somit ein anderes Signal. Er enthält zudem weitere, spezifische Informationen über Wiedergabegeschwindigkeit und Tonhöhe, die der Altiverb-Prozessor später erkennt und auswertet.

2. Den Sweep Abspielen und Aufnehmen

Dieses Sinussignal wird über einen Lautsprecher in einem Raum abgespielt und wieder aufgenommen. Somit 'sweept' das Sinussignal durch den ganzen Frequenzbereich und erzeugt Reflexionen. Aufgenommen wird ein Mix aus Direktsignal und Reflexionen, die später die Eigenschaften des Raums erzeugen werden.

Klangspektrum aufgenommenes Sweep Signal
Abbildung 7: Frequenzspektrum eines aufgenommenen Sweep

Abbildung 7 zeigt das Frequenzspektrum eines aufgenommenen Sweeps. Im Vergleich zu Original Sinus-Sweep in Abbildung 6, sind deutliche Färbungen des Frequenzspektrums im Obertonbereich sowie Resonanzen im Tieftonbereich zu erkennen. Mehr Infos zum Spektrum und was man daraus lesen kann, findet ihr später in diesem Tutorial unter Sweeps Analysieren

3. Den Sweep in eine Impulsantwort umwandeln

Diese aufgenommenen Sweeps mit den Raumreflexionen können nun nach dem Prinzip der Dekonvolution in Impulsantworten umgewandelt werden.

Spektrale Anzeige einer Impulsantwort
Abbildung 8: Spektrum und Waveform einer Impulsantwort

Sweeps von unterschiedlichen Systemen erzeugen wohl eine praktisch identische Impulsantwort, sind jedoch nicht kompatibel zu einander. Spacedesigner und das Impulse Response Utility erzeugen ein Apple-eigenes .SDIR Impulsantworten-Format, das nur von Spacedesigner gelesen werden kann. SDIR Files lassen sich jedoch aufknacken und enthalten herkömmliche .aif Files. Umgewandelt in Wave-Files können diese Impulsantworten auf weiteren Systemen genutzt werden.
Altiverb geht sogar noch einen Schritt weiter und verschlüsselt die umgewandelten Impulsantworten komplett, so dass sie nur in Altiverb nutzbar sind. Altiverb ist somit ein in sich geschlossenes System.

Weitere Informationen übers Aufknacken von .SDIR Files folgen demnächst im zweiten Teil des Impulsantworten Tutorials.

Vor- und Nachteile von Sweeps/Knallverfahren

Im Gegensatz zu den Knallverfahren, kann ein Sweep viel besser kontrolliert werden. Vorausgesetzt, man schiesst seinen Lautsprecher nicht schon beim ersten Versuch ab, kann ein Sweep exakt reproduziert werden. Dies ist Entscheidend bei der Aufnahme von Stereo- und mehrkanaligen Impulsantworten. Da das Ausgangssignal aus dem Lautsprecher jeweils identisch ist, lassen sich Impulsantworten mit gleichem Pegel an unterschiedlichen Positionen aufnehmen, was exakte Stereo-Impulsantworten ermöglicht. Ebenfalls können Sweeps in unterschiedlichen Längen verwendet werden, was in grossen und halligen Räumen viel bessere Ergebnisse gibt.

Der Nachteil von Sweeps ist jedoch offensichtlich: Es benötigt viel mehr Equipment da ein Lautsprecher zur Wiedergabe verwendet werden muss. Auch reicht hier das kompakte Aktivlautsprecherchen bei weitem nicht aus. Je nach Raumgrösse wird entsprechend viel Leistung gebraucht, um einen Raum in Schwingung zu versetzten und ausreichend Reflexionen zu erzeugen.
Hinzu kommt der Mehraufwand in der Nachbearbeitung mit der Dekonvolution und allenfalls der Ärger damit, wenn es nicht will, wie es soll. Dann sitzt man nämlich auf seinen Sweeps und kann damit überhaupt nichts anfangen.

Sweeps können nicht 'auf die Schnelle' erstellt werden, z.B. auf einem Filmset oder ähnlich. Und auch bei Sweeps besteht die Möglichkeit auf Gehörschäden, wie das ja bei fast allen Tätigkeiten mit Lautsprechern möglich ist. Viel grösser als der Gehörschaden ist jedoch die Gefahr, die Box bei der Wiedergabe des Sweeps zu beschädigen. Testsignalen wie Rosa Rauschen, Sinus oder eben Sinus-Sweeps stellen ausserordentlich hohe Anforderungen ans Material, wenn dies dazu noch besonders laut Wiedergegeben werden soll. Dies erfordert somit einen hochwertigen Lautsprecher, der laut und verzerrungsfrei einen Sinus-Sweep Wiedergeben kann. Es reicht also nicht, das Küchenradio mitzunehmen.

Fazit

Nüchtern betrachtet bietet der Sweep lauter Nachteile, bringt aber schlussendlich die viel hochwertigere Impulsantwort. Aus diesem Grund entscheiden wir uns, Sweeps zu verwenden und lassen die Nagelpistole zu Hause. Ein Vorteil der Sweeps: es müssen keine peinlichen Löcher im historischen Kathedralenboden erklären werden.

Autor: Guido Helbling, Avosound

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